On Fri, 5 Jun 2009 15:31:55 +0200, "Laura Ohlsen"
Post by Heiko NeubauerRichtig,
zum schmecken braucht man den Stern nicht wie sollte das auch gehen,
aber man kann in dem Artikel lesen das man nicht immer das ißt was
man glaubt zu Essen oder zu schmecken.
Das ist doch die wesentlichste Herausforderung der Kochkultur, die
Dinge so zuzubereiten dass sie nicht so schmecken wie sie eigentlich
schmecken.
Stell dir vor, pommes frites würden wie Kartoffeln schmecken, das
Fleisch eines Gulaschs wie Fleisch, ein Salzhering wie Hering, Brot,
Kuchen, Nudeln wie Mehl. Die Kunst des Koches siehst du darin, dass er
eine Mehlschwitze macht, die eben _nicht_ nach Mehl schmeckt.
Und zu "was man glaubt zu essen" haben wir den falschen Hasen, das
Tomatenkompot, die Fleischvögele, das filet faux, die Backerbsen, Reis
aus Nudelteig, falsches Sauerkraut aus Kartoffeln (zu Kriegsende) und
und und.
Das ist schon jahrhundertelange Tradition, worin mag der Grund liegen,
dass sich manche darüber plötzlich so aufregen.
Typisch doch das Beispiel mit dem Vanilleeis-Test: die Welt schien
zusammenzubrechen weil keine echte Vanille verwendet wurde.
Aber: das Eis (Botterblom?), was gar keine Vanille enthielt wurde
geschmacklich und aromamäßig am besten getestet.
Da wird immer dieser Erdbeerjogurt angesprochen.
Wenn man Jogurt mit Erdbeeren vermischt schmeckt das enttäuschend
mies. Warum? Weil Erdbeeren nur ein sehr schwaches Aroma haben und
auch nicht sehr süß sind. Folglich wird für einen besseren Geschmack
das zugesetzt, was der Erdbeere fehlt: Zucker. Da regt sich keiner
drüber auf, dass die Erdbeeren mit Zucker aufgepeppt werden.
Und naturidentisches Erdbeeraroma. Und da geht dann plötzlich die Welt
unter. Warum? Was ist da der Unterschied zum Zusatz von Zucker?
Warum werden Vorgehensweisen, die seit Jahrtausenden üblich sind,
plötzlich verteufelt?
Weil es Auflage bringt? OK, warum bringt es Auflage? Weil in breiten
Schichten das Selbstbewusstsein derart schlecht ausgebildet ist, dass
sich viele gar nicht mehr zutrauen zu sagen "Das schmeckt gut/das
schmeckt nicht gut" ohne vorher den Stern, die Packungsbeschriftung
oder den Weinführer (oh, 91 Parker Punkte, der schmeckt mir aber gut)
zu Rate gezogen zu haben.
Was juckt es mich denn, wenn ein Tiramisou kaum oder gar kein
Mascarpone enthält, wenn es mir schmeckt? Kann man die Parkerpunkte
von Tiramisu aus dem Mascarponegehalt errechnen?
Mousse au chocolat bedeutet eben wirklich nur Schokoladenschaum, aber
man kann die Mousse auf die allerverschiedensten Arten herstellen: mit
Eischnee, ohne Eischnee, mit Sahne, ohne Sahne, ...
und Mousse nach dem gleichen Rezept kann von exzellent bis mies
schmecken. Du bist besser dran, selbt zu kosten, als wenn du nach
Zutaten und Herstellung fragst.
Kosten und selbstbewusst feststellen "Ja, das schmeckt mir/nein, das
mag ich nicht."
l.